Hexenpost

Spiritualität - Umwelt - Gesellschaft

Schluss mit verbaler Diffamierung

Vorweg: Es ist wichtig und gut, dass bestimmte Schimpfwörter und Beleidigungen aus unserer Sprache verschwinden müssen, wenn sie Zugehörige einer Gruppe bezeichnen. Schon lange ist undenkbar, einen Menschen mit dunkler Haut als einen „Nigger“ anzusprechen. Weibliche Menschen dürfen nicht als „Schlampen“ bezeichnet werden und der negative konnotierte Begriff „Ausländer“ oder noch schlimmere Bezeichnungen sind nicht statthaft. Auch einen Mann, der seine Sexualität mit Männern auslebt, als „SCH…“ zu bezeichnen, erfüllt den Tatbestand der Beleidigung.

Eine Bezeichnung haben wir vergessen. Hierbei handelt es sich um die „böse Hexe“ oder um „Hexe“ als Bezeichnung für eine Frau, mit deren Verhalten wir nicht einverstanden sind.

Der Begriff Hexe hat rein gar nichts mit „böse“ oder „schlecht“ zu tun. Vielmehr benennt er einen meist eindeutig weiblichen Menschen, der nicht konform handelt. Er kann auch im Zusammenhang mit Intrigen der mit nachweislich fehlerhaftem Verhalten benutzt werden. Zum Glück wissen gerade Eltern das und haben daher begonnen, ihren Kindern ein Bild von einer positiven Hexe an die Hand zu geben. Wie sieht es aber mit den Erwachsenen aus? Was machen diejenigen in unserer Gesellschaft aus der "Hexe", die an der Meinungsbildung beteiligt sind?

Im Ursprung hat dieses Wort, stammend aus dem Althochdeutschen, keine negative Bedeutung. Zitieren wir einmal den NDR:

Hexe - althochdeutsch "hagzissa": Der Begriff stammt wahrscheinlich von den norwegischen Worten "hag" für "Hecke oder "Wald" sowie "tysja" -"Elfe" und bezeichnet eigentlich "ein sich auf Zäunen oder in Hecken aufhaltendes dämonisches Wesen" aus der Zwischenwelt.“ (Quelle. NDR. Was ist eine Hexe? Woher stammt das Wort? (2016) https://www.ndr.de/kultur/Was-ist-eine-Hexe-Woher-stammt-das-Wort,walpurgisnacht4.html#:~:text=Hexe%20%2D%20althochdeutsch%20%22hagzissa%22%3A,d%C3%A4monisches%20Wesen%22%20aus%20der%20Zwischenwelt.)

Im Browsertitel, den jeder Webmaster beeinflussen kann, ist der Hinweis „Elfe“ verschwunden, stattdessen erscheint das „dämonische Wesen aus der Zwischenwelt“. Sie sind von mir oben in der Quellenangabe rot markiert. Google nutzt diese Erläuterung, die es zum hervorgehobenen Snippet gebracht hat, an erster Stelle. Der Suchbegriff war: „Hexe Ethymologie“. Hier hätte ich etwas erwartet, was wissenschaftlichen Betrachtungen Stand hält.

Betrachten wir dieses Zitat gründlicher, fällt auf, dass die Verfasserin/ der Verfasser eine vollkommen unlogische und gefärbte Schlussfolgerung zieht.

Sie/ er kommt von „Elfe“ zu „dämonisches Wesen“. Was jedoch soll dämonisch sein an einer Elfe, die doch gemeinhin eher positiv dargestellt ist wie etwa die Tinkerbell oder auch ihre entfernte Verwandte, die Zahnfee? Bitte, wie kann ein erwachsener Mensch im 21. Jahrhundert an dämonische Wesen glauben?

Die Erklärung des NDR findet in der Rubrik „Lust auf Norden“ ihren Platz. Schlecht durchdacht und auch vollkommen überflüssig bezüglich des Programms, das sich um Norddeutschland dreht, wird hier Stimmung gemacht. Die Hexe als Lückenfüllerin, wieder einmal. In Zeiten des Genderns und der neutralen Sprache muss überlegt werden, ob man den deutschen Märchen nicht wenigstens einen Begleittext hinzufügt, aus dem klar hervorgeht, dass die „Hexe“ in den Märchen keinesfalls etwas zu tun hat mit den tausenden Männern uns Frauen, die der Inquisition zum Opfer gefallen sind. Und ob man in der aktuellen Verwendung mehr Sensibilität fordert für die Nachwirkungen der schrecklichen Verbrechen in der Zeit der Inquisition. 

Wir modernen Hexen, die wir als Grenzgängerinnen leben zwischen Geist und Materie, Moderne und Tradition, Seele und Körper, haben es nicht nötig, immer wieder in einen Topf geworfen zu werden mit fiktiven Gestalten, an denen sich die Angst vor starken Frauen entlädt. Wir sollten darauf hinweisen, dass der Begriff positiv besetzt ist und ihn für uns selbst in Anspruch nehmen. Wer uns und unser Wirken mit Hirngespinsten wie „Dämon“ und „Teufelswerk“ in Verbindung bringt, beleidigt uns.

Wir dürfen Hexen sein und unter unserem eigenen Namen liebevoll und wohltuend zugunsten des Lebens wirken. Niemand muss sich als "Prinzessin" oder "Engel" bezeichnen lassen. Auch andere Verniedlichungen können uns nicht aufgezwungen werden. Wer eine weibliche Person, die ihre Kenntnisse und Fähigkeiten zum wohle anderer einsetzt, nicht so nennt, wie sie will, verwehrt ihr den Respekt. 

Fazit: Das Wort „Hexe“ muss bleiben. Es hat Tradition und gehört zum Kulturgut. Alle Verwendungen als Beschimpfung oder Diffamierung müssen unterbleiben.

PS: wegen der leichteren Lesbarkeit wurde hier überwiegend die weibliche Form gewählt. Hexen jeden anderen Geschlechts sind selbstverständlich auch angesprochen. 

Liebe Besucher, wer unter euch seine Hexenseite kennenlernen will, sollte sich einmal die Hexenschule anschauen. Vielleicht treffen wir uns dort und erleben Horizonterweiterungen, die nicht dämonisch, sondern menschlich sind. 

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