Hexenpost

Spiritualität - Umwelt - Gesellschaft

Frauen und ihre Stimme

Eine Betrachtung

Es ist jetzt schon einige Jahre her, dass ich meine Gedanken zur Welt und ihren Menschen öffentlich geteilt habe. Auch der Beginn der Corona Krise im Frühjahr dieses Jahrs konnte mich nicht aus der Reserve locken. Heute bin ich jedoch bei meiner täglichen Recherche über eine neu veröffentlichte Studie gestolpert, die mich nicht mehr zur Ruhe kommen lässt. An der Uni Leipzig wurde herausgefunden, dass Frauen heute im Schnitt etwa eine halbe Oktave tiefer sprechen als vor einem halben Jahrhundert. Um das herauszufinden gab es übrigens 42 Millionen Fördergelder. Das so nebenbei, wir haben sonst keine Themen. Also Kinderarmut ist kalter Kaffee, Inklusion macht keinen Spaß, innere Sicherheit interessiert keinen. Forschen wir doch mal über Frauenstimmen. Die Studie zeigt eine Veränderung auf. Gründe werden bisher jedoch nur vermutet.1

Die Stimme der Frau ist biologisch anders

In diesem Zusammenhang darf nicht übersehen werden, dass, rein biologisch betrachtet, Frauenstimmen von Männern schlechter gehört werden als Männerstimmen. Das soll daran liegen, dass die durchschnittliche Frauenstimme melodischer ist und ein breiteres Klangspektrum nutzt. Wenn ein Mann einer Frau zu hören will, muss er sich mehr anstrengen. Das Gehirn ermüdet schneller, denn das breitere Klangspektrum erfordert eine höhere Aufmerksamkeit.2 

 Haarsträubend ist die Auslegung der Studie, die vom Deutschlandfunk Kultur veröffentlicht wurde. Hier heißt es, dass die tiefere Stimme in einem Zusammenhang zur Emanzipation der Frau steht. Ich hab das noch mal nachgelesen. 
Zitiert wird der Stimmarzt Michael Fuchs. „Es ist eine andere Benutzung der Stimme. Die Frauen verfügen über die gleichen anatomischen Voraussetzungen wie vor 50 Jahren. Sie benutzen ihre Stimmen aber tiefer.“ (Michael Fuchs) 3

Je tiefer die Stimme, umso höher der Grad der Emanzipation?

Wenn wir den Experten Fuchs richtig verstehen, dann handelt es sich also um eine Verhaltensveränderung. Das sieht der Verfasser des Artikels von Deutschlandfunk Kultur ebenso und konstatiert: 
„Je emanzipierter, je selbstbewusster und erfolgreicher eine Frau ist, desto tiefer ist ihre Stimme, so ungefähr könnte man die Forschungsergebnisse mit einer Pointe zusammenfassen.“ 4 
Führen wir beide vorangehenden Zitate zusammen, liest sich das ungefähr so: Eine biologisch weibliche Person passt sich an männliche Verhaltensweisen an, um Emanzipation, Erfolg und Durchsetzungskraft zu verwirklichen. Diese kuriose Annahme wird noch bestärkt durch einen Hinweis auf Frauen in Skandinavien. Sie haben dem Experten nach eine tiefere Stimme als andere Europäerinnen. Fuchs, Stimmarzt und offensichtlich auch Sozialforscher, kann hier einen klaren Zusammenhang sehen. Die skandinavischen Frauen sind nämlich seiner Auffassung nach auch emanzipierter. Der Artikel endet mit einem guten Tipp für alle Frauen: 

„Nutzen Sie ihre Stimme in all ihrem Spektrum, in all ihrer Ausprägung. Dann werden Sie noch einen Tick erfolgreicher, als Sie es jetzt schon sind.“ (Michael Fuchs)5 

Leute, wo sind wir denn hier? Heißt Emanzipation wirklich nur, zu werden wie ein Mann, weil Männlichkeit mit allen biologischen und verhaltenstypischen Voraussetzungen das Maß aller Dinge. Ist Männlichkeit (was auch immer das ist) das Nonplusultra? 

Mir fehlt bei all den Überlegungen die Forderung, dass Männer lernen müssen, Frauen zu hören. Das mag anstrengend sein, aber Respekt und Gleichberechtigung kann man nicht in Tüten kaufen. Sie fallennicht vom Himmel und lassen sich nicht herbeiwünschen. Schließlich würde auch niemand auf die Idee kommen, aufgrund der Tatsache, dass dunkelhäutige Menschen insgesamt benachteiligt sind, dazu aufzurufen, dass sie sich bitte bleichen mögen, weil sie dann bessere Erfolgschancen haben. Das wäre fatal und absolut undenkbar. Ebenso fatal und absolut undenkbar ist, dass biologisch weibliche Menschen sich an biologisch männliche Menschen annähern, damit sie die gleichen Chancen, Möglichkeiten und Rechte haben. 


Ich danke euch dafür, dass ihr meine Stimme wahrgenommen habt. Ich bin wild entschlossen, eine Frau zu bleiben, die das Recht auf Gleichberechtigung in Anspruch nimmt, ohne sich zu vermännlichen. 
Allerdings gebe ich zu, dass die Anstrengungen für Gleichberechtigung viel geringer ausfallen würden, wenn es nur noch Männer (nur Frauen würde auch klappen) gäbe. Dann bitte am besten auch gleich alle weiß (schwarz oder bunt oder wie auch immer wäre auch OK, aber bitte alle gleich) und auf jeden Fall im gleichen Alter – das wird doch sonst so kompliziert mit den sozialen Anforderungen. 








1 Vgl. LNonline, 2020, Studie: Frauen sprechen tiefer als angenommen. Online unter: https://www.ln-online.de/Nachrichten/Panorama/Studie-Frauen-sprechen-tiefer-als-angenommen. Abruf am 16.10.2020.

2 Vgl. die-hörgräte.de, 2018, Von weiblichen und männlichen Ohren. Online unter: https://xn--die-hrgrte-x5a6s.de/hoer-wissen/hoeren-frauen-besser-als-maenner/, Abruf am 16.10.2020.

 



3 Zitiert in: Deutschlandfunk Kultur; Studio 9, 2018, Stimme und Emanzipation. Warum Frauen heute tiefer sprechen als früher. Michael Fuchs im Gespräch mit Liane von Billerbeck und Hans-Joachim Wiese. Online unter: https://www.deutschlandfunkkultur.de/stimme-und-emanzipation-warum-frauen-heute-tiefer-sprechen.2165.de.html?dram:article_id=407663. Abruf am 16.10.2020.



4 Deutschlandfunk Kultur; Studio 9, 2018, Stimme und Emanzipation. Warum Frauen heute tiefer sprechen als früher. Michael Fuchs im Gespräch mit Liane von Billerbeck und Hans-Joachim Wiese. Online unter: https://www.deutschlandfunkkultur.de/stimme-und-emanzipation-warum-frauen-heute-tiefer-sprechen.2165.de.html?dram:article_id=407663. Abruf am 16.10.2020.

5 Zitiert in: Deutschlandfunk Kultur; Studio 9, 2018, Stimme und Emanzipation. Warum Frauen heute tiefer sprechen als früher. Michael Fuchs im Gespräch mit Liane von Billerbeck und Hans-Joachim Wiese. Online unter: https://www.deutschlandfunkkultur.de/stimme-und-emanzipation-warum-frauen-heute-tiefer-sprechen.2165.de.html?dram:article_id=407663. Abruf am 16.10.2020.

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