Sterne glitzern und funkeln.
Menschen und Tiere schlummern sacht,
Haus und Hof sind im Dunkeln.
Still zieht der Mond durch den Himmelsraum,
weiß glänzt der Schnee auf jedem Baum,
glänzt auf der Hausdachschräge.
Einzig der Wichtel ist rege.
Schattengleich steht er am Scheunentor,
grau vor dem weißen Toben,
schaut, wie so viele Winter zuvor,
sinnend zur Mondscheibe oben,
schaut nach dem nahen Waldesrand,
der um den Hof steht wie eine Wand,
grübelt, ein Rätsel zu lösen
von undurchdringlichem Wesen.
Fährt mit der Hand durch Bart und Haar,
schüttelt den Kopf beklommen.
„Nein, das Geheimnis wird nicht klar,
nie werd ich Antwort bekommen.“
Darauf verscheucht er mit einem Ruck
Rätsel und Fragen und Schwermutsdruck,
sammelt entschlossen die Kräfte
für seine Wichtelgeschäfte.
Prüft das Schloss am Gerätehaus,
auch am Schuppen und Speicher.
Träumend ruhen die Kühe aus,
träumen vom Sommer und reicher
Kost auf der Weide, von frischem Klee,
Freiheit von Mühsal und Peitsche und Schnee.
Auch das Zugpferd, das weise,
träumt von duftender Speise.
In ihrem Pferch schaut der Wichtel dann
nach den Lämmern und Schafen,
auch nach den Hühnern und dem Hahn,
die auf den Stangen schlafen.
Karo, der Hofhund, wedelt leicht,
als er ihm über den Rücken streicht,
so gut kann er ihn leiden,
so vertraut sind die beiden.
Schließlich tritt er behutsam her
an die Gesindebetten;
Bauer und Bäuerin wissen, dass er
wacht, um von Unheil zu retten;
dann zu den Kleinen – sein größtes Glück,
sacht wird sein Gang und zärtlich sein Blick:
Diese beschützen zu können,
das soll ihm niemand missgönnen.
So sah er Ahnen und Väter schon
Männer werden und Greise,
immer einer des andern Sohn.
Doch wo begann die Reise,
und wohin führt sie, was ist das Ziel?
Kommen und Gehen, ein leeres Spiel?
Das liegt in bleiernem Schweigen;
keinem will es sich zeigen.
Seinen Rundgang beendet der Wicht,
steigt untern Dachfirst der Scheune;
hier stört das Leben des Tages ihn nicht,
sicher ist er und alleine.
Leer ist sogar das Schwalbennest,
bis die Verliebten zurückkehren lässt
Frühling mit seinem süßen
Duften und Blühen und Sprießen.
Dann gibt’s ein Zwitschern voll Fröhlichkeit,
denn sie erzählen sich beide,
wo sie verbrachten die kalte Zeit;
aber vom zehrenden Leide,
das den Wichtel quält, wissen sie nichts.
Auf seinen Bart fällt ein Strahl des Lichts,
Mondschein im Ritz einer Spalte.
Hoffnungslos grübelt der Alte.
Still liegen Wald und Feld und Flur,
eingefroren ist alles.
Drüben vom Bergbach hört er nur
Murmeln des Wasserfalles.
Ist es der Zeitenstrom, der da rauscht?
Tief entrückt verharrt er und lauscht.
Wo nur, wo ist die Quelle?
Und wo die Mündungsstelle?
Langsam schwindet die Winternacht,
Mond- und Sternglanz zerrinnen.
Menschen und Tiere schlummern sacht,
bis sie ihr Tagwerk beginnen.
Noch liegen alle in tiefem Traum
unter dem Schnee auf Dach und Baum,
träumen von Spielen und Lachen.
Nur der Wichtel muss wachen.*